Dresdner Mahndepots – KUNSTPLAN

Ort 70: Weiße Gasse 5/7

ORT 70, verlegt in der Weißen Gasse 5/7, markiert 2016 (Foto: C. Reichert)

ORT 70, verlegt in der Weißen Gasse 5/7, markiert 2016 (Foto: C. Reichert)

Nach langen Verzögerungen begann 1953 mit der Westseite des Altmarkts der Wiederaufbau des zerstörten Dresdner Stadtzentrums. Ein Jahr später folgten die Bauten der Ostseite, deren Baublock auch die in ihrem Verlauf neu gestaltete Weiße Gasse berührte. Zum Jahresende 1956 waren die Gebäude Weiße Gasse 5 und 7 fertiggestellt. Mit einer Innschrift im Schlussstein des Hauseinganges erhielt der Aufbau eine eindeutige Widmung: »JEDER STEIN DER NEUEN STADT TRÄGT UN-SICHTBAR DIE LETTERN: FRIEDEN«.

Dem Baustart waren jahrelange Kontroversen um die Symbolik, Funktion und Gestalt des Stadtzentrums vorausgegangen – von den Verantwortlichen der Staatspartei SED als »Klassenkampf« um die »sozialistische Großstadt« verstanden. Die neue politische Ordnung sollte sich auch baulich »kraftvoll zum Ausdruck bringen«, ohne dabei übermäßig auf überlieferte Stadtstrukturen, Architekturtraditionen und Baudenkmale Rücksicht zu nehmen. Ziel war die »Neue Stadt«.

Nach dem Erlebnis der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs entsprach die Friedenswidmung des Aufbaus den Überzeugungen der großen Mehrheit der Überlebenden: »Wann immer wir unter den vielen Entbehrungen und Schwierigkeiten der Nachkriegsjahre litten« erinnerte sich die 1931 geborene Nora Lang, »trösteten wir uns gegenseitig: Hauptsache kein Krieg!« Demonstrativ warfen Angehörige der Freien Deutschen Jugend 1946 die Waffen des Heeresmuseums auf den Schrott: »Nie wieder Krieg!«

An die Friedenssehnsucht der Bevölkerung konnten auch die Propagandisten des sozialistischen Gesellschaftsprojekts DDR anschließen: Mit der Selbstbeschreibung als Friedensstaat grenzte man sich demonstrativ von der als neuerlicher »Kriegstreiber« behaupteten westdeutschen Bundesrepublik ab. Im Aufruf zum 13. Februar 1956 bezeichnete Oberbürgermeister Weidauer die DDR »als Bastion des Friedens und des Fortschritts«, warb jedoch gleichzeitig für den Aufbau der Nationalen Volksarmee, deren Waffen »der Festigung des Friedens dienen« würden. Bereits 1952 hatte die DDR mit der Wiederaufrüstung begonnen. Gegen die Ablehnung der Bevölkerungsmehrheit begannen aggressive Rekrutierungskampagnen, um Freiwillige für die Streitkräfte zu gewinnen.

Markiert 21. September 2016